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Durchsuchung und Beschlagnahme

Durchsuchungen dürfen nur durch einen Richter angeordnet werden; bei sogenannter „Gefahr im Verzug“ auch durch die Staatsanwaltschaft und deren Ermittlungsbeamten. „Gefahr im Verzug“ liegt vor, wenn die Einholung eines vorherigen richterlichen Beschlusses den Ermittlungserfolg ganz oder teilweise verhindern oder gefährden könnte. Reine Spekulationen oder sachverhaltsunabhängige Vermutungen reichen aber nicht aus.

Da es sich bei der Durchsuchung um einen weitgehenden Eingriff in die Rechte des Bürgers handelt – die Unverletzlichkeit der Wohnung ist ein in Art. 13 Grundgesetz geregeltes Abwehrgrundrecht –, bestehen hohe Anforderungen: Es gelten Rechte und Pflichten auf beiden Seiten. Der Stress- und Ausnahmesituation geschuldet – die unter Umständen überraschende Durchsuchung erfolgt meist in aller Frühe – und auch aufgrund fehlender juristischer Kenntnisse werden oft Fehler gemacht, da die Ermittlungsbeamten die Gelegenheit häufig wahrnehmen, um von Beschuldigten an Informationen zu kommen.

Verhalten Sie sich grundsätzlich ruhig und kooperativ, machen Sie aber auf keinen Fall Angaben zur Sache gegenüber den Ermittlungsbehörden. Sie müssen als Beschuldigter darüber belehrt werden, dass es Ihnen nach dem Gesetz freisteht, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Sie haben dieses Recht zu schweigen – machen Sie davon Gebrauch. Auch wenn dies nicht den Zuspruch der Beamten finden sollte. Was aber auch nicht bedeutet, auf Konfrontation zu gehen: Sie sollten nichtsdestotrotz höflich bleiben und versuchen, einen sachlichen und geschäftsmäßigen Ton und Umgang zu wahren.

Ebenso haben Sie das Recht, unverzüglich nach Erhalt des Durchsuchungsbeschlusses einen frei wählbaren Strafverteidiger zu kontaktieren. Dieser Anruf steht Ihnen zu. Am besten führen Sie dieses Gespräch mit einem Anwalt in Gegenwart der Beamten, um keinen Verdacht aufkommen zu lassen, Sie wollen jemanden warnen oder Beweismittel beeinträchtigen. Bitten Sie die Beamten, zunächst das Eintreffen des Anwalts abzuwarten. Sofern dies zeitnah möglich scheint und sofern keine Verdachtsmomente dafür aufkommen oder bestehen, dass Beweismittel weggeschafft oder zerstört werden, wird man dieser Bitte in der Regel entsprechen– auf einen Anspruch darauf können Sie sich aber nicht berufen.

Auch wenn die Ermittlungsbeamten die Ausübung des Schweigerechts und die Hinzuziehung eines Anwalts nicht begrüßen mögen: Sie wahren damit konsequent Ihre Rechte und schwächen Ihre Verteidigungsposition nicht unnötig. Die Durchsuchungsmaßnahmen müssen Sie passiv dulden, brauchen Sie aber nicht aktiv zu unterstützen: Zur Mithilfe sind Sie nicht verpflichtet. Die Durchsuchung selbst kann nicht verhindert werden.

Liegt ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss vor, lassen Sie diesen sich zeigen: Er muss die Straftat benennen, die den Anlass gibt. Auch Zweck, Ziel und Ausmaß der Durchsuchung müssen bezeichnet sein. Zwischen dem Erlass und der Vollziehung darf maximal eine Zeitspanne von 6 Monaten liegen. Der Durchsuchungsbeschluss muss auch bezeichnen, ob es sich um eine Durchsuchung nach § 102 StPO handelt, ob man Sie also als Beschuldigten ansieht, oder um eine Durchsuchung nach § 103 StPO, dass also „Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die gesuchte Person, Spur oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet“.

Lassen Sie sich auch die Dienstausweise zeigen und erfragen und notieren Sie sich die Namen der beteiligten Ermittler. Wird Ihre Wohnung durchsucht, können Sie darauf bestehen, einen Durchsuchungszeugen hinzuzuziehen.

Widersprechen Sie der Durchsuchungsmaßnahme ausdrücklich und lassen Sie dies explizit ins Durchsuchungsprotokoll aufnehmen. Bestehen Sie auf die Ausfertigung und Aushändigung dieses detaillierten und unterschriebenen Protokolls am Ende der Durchsuchung. Anstatt die beschlagnahmten Gegenstände freiwillig herauszugeben, sollten Sie auch gegen die Sicherstellung von Gegenständen Widerspruch einlegen. Stellen Sie also auch bei der Beschlagnahme klar, dass Sie die beschlagnahmten Gegenstände oder Unterlagen nicht freiwillig herausgeben und auf Beschlagnahme bestehen. Gleichzeitig sollten Sie unmissverständlich verdeutlichen, dass Sie dies nicht etwa machen, um die Ermittlungen zu behindern, sondern zur Wahrung Ihrer Rechte. Während aus der Bereitstellung nicht resultieren kann, dass Sie Ihre Rechte verlieren, sind freiwillig ausgehändigte Unterlagen hingegen immer verwertbar. Tragen Sie auch dafür Sorge, dass sämtliche beschlagnahmten oder freiwillig herausgegebenen Gegenstände so detailliert wie möglich im Beschlagnahmeprotokoll aufgelistet werden, also bei Aktenordnern z. B. auch der wesentliche Inhalt dokumentiert wird.

Legen Sie auch Widerspruch ein, wenn nicht einsichtsbefugte Polizeibeamte – also durch den Staatsanwalt hierzu ausdrücklich autorisiert – Unterlagen durchsehen. Dies ist nur Beamten der Staatsanwaltschaft und der Steuerfahndung gestattet. Sie sollten in jedem Falle die Durchsuchung auf keinerlei Art und Weise behindern und auf keinen Fall Gegenstände oder Unterlagen vernichten – dies könnte den Verdacht von Verdunkelungshandlungen begründen. Bei für die Fortführung des Geschäftsbetriebs notwendigen Unterlagen oder Datenträgern können Sie darum bitten, unter Aufsicht Kopien herstellen zu dürfen, was aus Gründen der Verhältnismäßigkeit geboten sein kann.

Diese Empfehlungen können und sollen nur eine Orientierung bieten, wie Sie sich im Durchsuchungsfall verhalten. Ob zur Hinzuziehung zu einer Durchsuchung oder zur Übernahme Ihrer Verteidigung: Den Fachanwalt für Strafrecht Holger Böltz erreichen Sie unter (07071) 407870.