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Pflichtverteidigung

Sind Sie einer Straftat beschuldigt, haben Sie unter bestimmten Voraussetzungen das Recht auf einen sogenannten Pflichtverteidiger. „Sogenannt“ deshalb, weil das Gesetz den Terminus des „Pflichtverteidigers“ so nicht kennt. Umgangssprachlich bezeichnet wird damit die in § 140 der Strafprozessordnung erfasste „notwendige Verteidigung“ in Situationen, in denen der Gesetzgeber der Auffassung ist, dass der Angeklagte durch einen Rechtsanwalt vertreten werden muss.

Zu den Voraussetzungen dieser „notwendigen Verteidigung“ zählen vor allem Fälle, bei denen der Tatvorwurf ein Verbrechen ist. Also Straftaten, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht sind. Des Weiteren Fälle, bei denen der Beschuldigte sich seit mehr als drei Monaten aufgrund richterlicher Anordnung in Untersuchungshaft oder einer sonstigen Anstalt befindet und nicht mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung entlassen wird sowie Fälle, in denen gegen einen Beschuldigten Untersuchungshaft oder einstweilige Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt vollstreckt wird. Fälle, bei denen die erstinstanzliche Verhandlung vor einem Landes- oder Oberlandesgericht stattfindet. Und Fälle, bei denen zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten seine Unterbringung nach § 81 StPO in Frage kommt.

Darüber hinaus wenn die Generalklausel des § 140 Abs. 2 StPO greift, wonach ein Pflichtverteidiger, also ein „notwendiger Verteidiger“, dann zu bestellen ist, wenn aufgrund der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage oder aufgrund der Schwere der Tat die Mitwirkung eines Verteidigers geboten ist. Diese Generalklausel kennt aber auch viele weitere Spezialfälle, die hier nicht erschöpfend ausgeführt werden, in einer Erstberatung aber geklärt werden können.

Wird gegen Sie ein strafrechtliches Verfahren eingeleitet und ist ein Pflichtverteidiger zu bestellen, sollten Sie als Angeklagter so früh wie möglich reagieren und das Heft in die Hand nehmen. Nutzen Sie jetzt die Gelegenheit, einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens zu benennen, der Ihnen als Pflichtverteidiger beigeordnet werden soll. Diese Beiordnung kommt in Haftsachen früh zur Erwägung, beispielsweise im Rahmen des Haftprüfungstermins. Sofern Ihrer Wahl keine erheblichen Gründe entgegenstehen, wird der von Ihnen ausgesuchte Anwalt bestellt. Auf jeden Fall sind Sie gut beraten, sich einen Fachanwalt für Strafrecht zu suchen.

Benennen Sie als Betroffener keinen Rechtsanwalt, sucht das Gericht einen Pflichtverteidiger für Sie aus, den Sie auch nicht ohne Weiteres wieder auswechseln können. Damit erhöht sich aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein beliebiger Anwalt ausgewählt wird, nicht aber ein ausgewiesener Spezialist im Strafrecht. Unmittelbar nachdem das Gericht Sie als Beschuldigten auffordert, einen Rechtsanwalt zu Ihrer Pflichtverteidigung zu benennen und spätestens, wenn Sie eine Vorladung zur einer Beschuldigtenvernehmung erhalten, sollten Sie bei der Suche nach einem versierten Pflichtverteidiger schnellstmöglich aktiv werden.

Je früher Sie einen Pflichtverteidiger hinzuziehen können, umso mehr steigen die Chancen, eine Gerichtsverhandlung unter Umständen zu verhindern oder im Verfahren ein annehmbares Ergebnis zu erzielen. Als Betroffener haben Sie rechtzeitig Einfluss auf die Wahl Ihres Verteidigers – Wollen Sie sich mit der Wahl des Gerichts nicht abfinden, sollten Sie diese Entscheidung nicht aus der Hand geben. Ihr Anwalt des Vertrauens muss hierzu auch nicht an Ihrem Wohnort oder dem Ort des Gerichts ansässig sein. Das Vertrauensverhältnis zu dem von Ihnen ausgesuchten Pflichtverteidiger erlaubt durchaus dessen weite Anreise, was dabei zudem von der Bedeutung der Sache abhängig ist.

Auch wenn finanziell schwach gestellte Angeklagte durch die Pflichtverteidigung einen Anwalt beauftragen können, ist es ein weitverbreiteter Irrtum, dass die finanziellen Verhältnisse einer angeklagten Person ein Kriterium für die Beiordnung eines Pflichtverteidigers sind. Nur die oben genannten Voraussetzungen zählen. Zwar muss der Angeklagte die Gebühren für den Pflichtverteidiger zunächst nicht selbst zahlen – dieser erhält sein Pflichtverteidiger-Honorar, das unter den Honorarsätzen eines Wahlanwalts liegt, zunächst vom Land / Staat. Schlussendlich bedeutet das aber keineswegs, dass der Pflichtverteidiger für den Angeklagten kostenlos ist. Wird er verurteilt, wird ihm als Teil der Verfahrenskosten auch das Pflichtverteidigerhonorar vollumfänglich auferlegt.

Trotzdem kann in den Fällen notwendiger Verteidigung die Bestellung eines Pflichtverteidigers von Vorteil sein, weil bei fehlender Liquidität die Verfahrenskosten meist ohne größere Probleme gestundet oder in Raten gezahlt werden können. In manchen Fällen werden die Verfahrenskosten – und damit auch die Kosten für den Pflichtverteidiger – erlassen („niedergeschlagen“). Insgesamt ist es dabei aber nicht möglich, die Honorarkosten für den Pflichtverteidiger über Prozesskostenhilfe oder Prozesskostenbeihilfe zu finanzieren.

In unserer Kanzlei in Stuttgart und Tübingen übernimmt der erfahrene Fachanwalt für Strafrecht Holger Böltz die professionelle Strafverteidigung und Beiordnung als Pflichtverteidiger. Eine Pflichtverteidigung, die nicht per se eine Verteidigung „zweiter Klasse“ ist, wie ihr zum Teil nachgesagt wird. Auch als Pflichtverteidiger vertritt Holger Böltz Ihre Interessen mit gleichem Engagement und Konsequenz, als wenn er als Wahlanwalt beauftragt wurde. Dies gehört zu seinem und dem Selbstverständnis unserer Sozietät.

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